Geänderte Steuersätze bei der Umsatzsteuer - Rolle rückwärts seit dem 01.01.2021

Konsequenzen und Tipps für die Praxis
Hamburg, 01.01..2021

Änderung der USt-Sätze zurück auf 19 % bzw. 7 %

Die Reduzierung der Mehrwertsteuersätze auf 16 % bzw. 5 % endete mit Ablauf des 31.12.2020. Ab dem 01.01.2021 gelten wieder die "alten" Steuersätze von 19 % und 7 %.

Ausnahme Gastronomieumsätze

Für die Gastronomie (Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen) gilt vom 01.01.2020 bis 30.06.2020 der ermäßigte Steuersatz von 7 %, allerdings ausdrücklich nicht für die Abgabe von Getränken (ab 01.01.2020 = 19 %).

Spiegelbildliche Anwendung der Erläuterungen zur MwSt-Senkung

Wir haben Ihnen nachfolgend unsere Erläuterungen zu den reduzierten Steuersätzen für den Zeitraum 01.07.2020 bis 31.12.2020 aufgeführt. Sie gelten jetzt spiegelbildlich ab dem 01.01.2021.

Änderung der USt-Sätze auf 16 % - 5 %


1. Steuersatzänderungen
2. Maßgebender Zeitpunkt
3. An- und Vorauszahlungen
4. Teilleistungen
5. Dauerleistungen
6. Änderungen der Bemessungsgrundlagen
7. Sonderfälle
8. Gestaltungsempfehlungen

1. Steuersatzänderungen

Senkung der Umsatzsteuersätze vom 01.07.2020 bis 31.12.2020
  • Regelsteuersatzes von 19 % auf 16 %
  • Ermäßigter Steuersatz von 7 % auf 5 %
  • Andere Steuersätze bleiben unverändert, z.B. Durchschnittsteuersätze
  • bei landwirtschaftlichen Betrieben von 10,7 %
  • Gastronomie (mehrfache Änderung):
    Speisen 01.07.2020 bis 31.12.2020: 5 %
    Speisen 01.01.2021 bis 31.07.2021: 7 % (danach 19 %)
    Getränke von 19 % auf 16 % (01.07.2020 bis 31.12.2020)
Änderungen gelten für alle Umsätze, auch für innergemeinschaftlichen Erwerb, Einfuhrumsatzsteuer, Reverse Charge-Verfahren

Vereinfachte Darstellung im Folgenden:
  • Reduzierte Darstellung auf die Steuersätze 19 % und 16 %.
    Die Ausführungen gelten analog für die Steuersatzänderung von 7 % auf 5 %.
  • Reduzierte Darstellung auf die Umstellung zum 01.07.2020.
    Die Ausführungen gelten analog für die Umstellung zum 01.01.2021.


2. Maßgebender Zeitpunkt

Maßgebend für den Umsatzsteuersatz ist der Zeitpunkt der Leistungserbringung
  • Lieferungen: Verschaffung der Verfügungsmacht bzw. Versenden der Ware
  • (Dienst-)Leistungen: Beendigung der Leistung
Unerheblich sind:
  • Zeitpunkt der vertragliche Vereinbarungen
  • Zeitpunkt der Zahlung/Entgeltsvereinnahmung
  • Zeitpunkt der Rechnungserteilung


Praxisbeispiele: Kauf eines PCs

Kauf, Zahlung, Lieferung am 30.06.2020
Rechnungsstellung am 03.07.2020
  • 19 % Umsatzsteuer
Kauf und Rechnung am 30.06.2020,
Zahlung und Lieferung am 03.07.2020
  • 16 % Umsatzsteuer
Kauf, Rechnung und Übergabe an Spediteur am 30.06.2020,
Übergabe Spediteur an den Kunden + Zahlung am 03.07.2020
  • 19 % Umsatzsteuer


3. An- und Vorauszahlungen

Rechnung vor 1.7.2020; Leistung danach

Bei Anzahlungen entsteht die USt mit der Vereinnahmung
Variante 1: Rechnung mit Steuersatz = 19 %
  • Berichtigung nach Beendigung der Leistung mit Angabe 16 %
    USt (Angabe in der USt-VA des Berichtigungsmonats) oder ...
  • End-Schlussrechnung mit 16 % (Anzahlung davon absetzen)
Variante 2: Rechnung mit Steuersatz = 16 % (5 %);
  • 16 % Ausweis in der Rg vor dem 01.07.2020 ist zulässig, wenn
    die Leistung sicher zwischen dem 1.7.2020 und dem 31.12.2020
    erbracht wird.

Rechnung vor 1.7.2020; Leistung danach

Tipp 1: Insbesondere bei Ist-Versteuerern: Alle bis 30.06.2020 erbrachten Leistungen mit Rechnungsdatum 30.06.2020 abrechnen.
Ansonsten ist die Überprüfung der richtigen Steuersätze sehr aufwendig.
Tipp 2: Steht bei einer Anzahlungsrechnung vor dem 1.7.2020 fest, dass die Leistung nicht vor dem 01.07.2020 erbracht wird, sollte der Steuersatz von 16 % ausgewiesen werden.
Dann entfällt die Rechnungskorrektur.
Die Berichtigung wirkt für den Leistenden und den Leistungsempfänger für den Zeitraum der Berichtigung.

4. Teilleistungen

1. Grundlagen

Ein Gesamtwerk (z. B. die Lieferung eines schlüsselfertigen Gebäudes) kann über Teilleistungen abgerechnet werden.
Teilleistungen sind z. B. Bauleistungen, Dauerschuldverhältnisse (Leasing/Miete)
Voraussetzungen für die Anerkennung einer Teilleistung
  • Wirtschaftlich abgrenzbarer Teil einer einheitlichen Leistung
  • Gesondert vereinbartes Entgelt
  • Zwischen 1.7.-31.12.2020: Abnahme (Werkleistung) oder Vollendung (Werklieferung)
  • Vereinbarung vor 30.06.2020, dass Teilentgelte zu zahlen sind; Vertragsänderungen sind vor dem 30.06.2020 vollzogen
  • Gesonderte Abrechnung des Teilentgelts

2. Gestaltungspotenziale

Hohe Gestaltungspotenziale bestehen insbesondere bei nicht zum Vorsteuer abzugsberechtigten Kunden, z. B.
  • Privatpersonen
  • Öffentliche Hand
  • Krankenhäuser/Ärzte
  • Kleinunternehmer
Auswirkung bei Erbringung der Teilleistung vom 1.7.-31.12.2020
  • Nettovereinbarungen: Niedrigerer Preis für den Kunden
  • Bruttovereinbarung: Höherer Gewinn für den Leistenden

3. Besonderheiten in der Baubranche

Voraussetzungen für Teilleistungen in der Baubranche
  • Die vereinbarte Gesamtleistung muss wirtschaftlich teilbar sein.
  • Gesonderte Abnahme der Teilleistung
  • Gesonderte vertragliche Vereinbarung (vor 01.07.2020)
  • Gesonderte Abrechnung der Teilleistung
Tipp:
  • Durch Verlagerung der Bauabnahme kann zulässig der Steuersatz beeinflusst werden
  • Angabe bei Abschlagrechnungen: „Abschlagrechnung ohne Abnahme.“
Prüfungsschwerpunkt, daher sorgfältige Kontrolle
  • Daten der vertraglichen Vereinbarungen
  • Abnahmeprotokoll
  • Gesonderte Abrechnung (Fortlaufende Rechnungsnummer!!!)

5. Dauerleistungen

Dauerleistungen (Dauerschuldverhältnisse) werden für einen bestimmten Zeitraum vereinbart.
Beispiele:
  • Mieten und Pachten
  • Leasing
  • Wartungsverträge
  • Winterdienst
Handelt es sich bei der Dauerleistung um eine Dienstleistung, wird diese umsatzsteuerlich am Tag der Beendigung des Zeitraums erbracht.
Abrechnungszeiträume
  • Bei kürzeren Abrechnungsperioden liegen i.d.R. Teilleistungen vor (z. B. Mietvertrag mit mtl. Abrechnung)
  • Bei Jahresleistungen (also keine Teilleistung wie Miete) gilt für die gesamte Leistung der Steuersatz am 31.12., mithin für 2020 = 16 %

Verträge über Dauerleistungen sind zwingend anzupassen:
  • Anpassung Netto, Steuersatz, USt, Brutto
  • Angabe der St.-Nr.
  • Fortlaufende Nr., sofern mehrere Objekte vermietet werden
  • Riesiges Potenzial für Betriebsprüfungen!!! (Zinsen bei Änderungen)
  • Geänderte Verträge bitte mit der Buchhaltung bei NOTAX einreichen
Folge bei unterlassener Anpassung der Verträge (§ 14c UStG)
  • Leistender (z. B. Vermieter) schuldet 19 % USt
  • Leistungsempfänger (z. B. Mieter) hat nur Vorsteuer von 16 %
Tipp: Anpassung der Verträge in Teilleistungen
  • Voraussetzung 1: Vertrag wird im Vornherein getroffen
  • Voraussetzung 2: Es werden 2 Rechnungen gestellt.
  • Beispiel: Winterdienst 01.10.-31.12.2020 und 01.01.- 30.04.2021

6. Änderungen der Bemessungsgrundlagen

Skonto, Rabatt etc. für einen vor dem 1.7.2020 bewirkten Umsatz nach dem 30.06.2020 erhalten => Berichtigung mit 19 %
  • Bei Rechnungen mit verschiedenen Steuersätzen sind grundsätzlich die „bewirkten“ Umsätze genau aufteilen
  • Vereinfachung: Änderung nach dem Verhältnis zwischen den verschiedenen Steuersätzen sowie den steuerfreien bzw. nicht steuerbaren Umsätzen

Beispiel: Pauschale Minderung von 3 Rechnungen von insgesamt € 6.000 um insgesamt € 500

  • € 1.000 ohne Umsatzsteuer
  • € 2.000 zzgl. 16 % Umsatzsteuer
  • € 3.000 zzgl. 19 % Umsatzsteuer

Lösung:

  • - 1/6 von € 500 mit 0 % USt
  • - 2/6 von € 500 mit 16 % USt
  • - 3/6 von € 500 mit 19 % USt

Jahresboni, Jahresrückvergütungen etc.
  • Zeitraum 01.01. bis 31.12.2020: Aufteilung in 19 % bzw. 16-%-Anteile
  • Beleg erteilen, aus dem die Aufteilung hervorgeht.
  • Vereinfachend reicht Aufteilung nach Umsatzanteilen 1./2. Hj. 2020
Voranmeldungszeitraum
  • Zeitraum der Änderung der Bemessungsgrundlage
  • i.d.R. VAZ der Erstattung/Rückzahlung
Umtausch von Waren
  • Keine Änderung der Bemessungsgrundlage, sondern neue Lieferung
  • Steuersatz richtet sich nach dem neuen Lieferzeitpunkt

7. Sonderfälle

Telefonrechnungen: Gesonderter Abrechnungszeitraum zum 31.12.2020 wird zugelassen
Strom-, Gas- und Wärmelieferungen (Sukzessivlieferverträge)
  • Maßgeblich ist das Ablesedatum
  • Gesonderte Rechnungstellung erforderlich
  • Tipp: Ableseservice für Ende 2020 terminieren
Leasingsonderzahlungen
  • Sie sind Anzahlungen auf alle Raten
  • Dementsprechend unterliegt die anteilige Rate für das 2. Hj. 2020 dem Steuersatz von 16 %
  • Folge: Berichtigung erforderlich; Teilrückzahlung der zu hohen USt
Umsätze Silvester auf Neujahr
  • Gastronomie: 16 %
  • Übernachtungen: 7 %
  • Taxen: 16 % (Langstrecken)

8. Gestaltungsempfehlungen

Betroffene Zielgruppen
  • Kleinunternehmer nach § 19 UStG
  • USt-befreite Unternehmen (Ärzte, Vers.vermittler)
  • Privatpersonen
Maßnahmen
  • Kosten in das 2. Hj. 2020 verlegen, z. B. Einkauf von Ware
  • Durchführung von Investitionen im 2. Hj. 2020
  • Jahresübergreifend in Anspruch zu nehmende Leistungen in Teilleistungen unterteilen

Zu guter letzt …

Die oben stehenden Texte sind nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität macht es jedoch notwendig, Haftung und Gewähr auszuschließen.

Falls Sie Anregungen oder Fragen haben, rufen Sie uns gern an oder schicken uns eine Mail (Tel. 040/400011, mail@notax.de).

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